Medikamente bei HIT-Syndrom
Heparin-induzierte Thrombozytopenie Typ II (HIT II)
- Argatroban, Argatra® Multidose
- Danaparoid, Danaparin, Lomoparan
- Fachinformationen unter http://www.fachinfo.de
Argatroban
Argatra® Multidose, 2,5 ml Konzentrat (250 mg Argatrobanmonohydrat) zur Herstellung einer Infusionslösung (Verdünnung 1 : 100). Enthält 400 mg Ethanol (50 Vol.-%) und 300 mg Sorbitol.
Wirkmechanismus
- Antikoagulans, selektiver, monovalenter direkter Thrombininhibitor (DTI), der, da er reversibel nur an das aktive Zentrum des Thrombins bindet, auch Fibrin-gebundenes Thrombin bindet.
- Pharmakokinetik: Eliminations-HWZ 52 Min; hepatischer Metabolismus; hepato-biliäre Ausscheidung; Proteinbindung 20-54 %.
- Pharmakodynamik: schneller Wirkungseintritt (therapeutische aPTT-Werte nach 10 Min; Steady state nach 1-3 h; Abklingen der Wirkung nach ca. 2-3 h).
Dosierung
- Körpergewichtsabhängige Dosierung differenziert nach Patienten-Subgruppen.
- Dosisanpassung in Schritten von 0,2 µg/kg/min.
HIT II-Patienten | Bolusgabe | Erhaltungsdosis | Zielbereich *) |
Standarddosis erwachsene Pat. | keine | 2,0 µg/kg/min | aPTT 1,5-3,0 fach |
Kritisch kranke Pat. | keine | 0,5 µg/kg/min | aPTT 1,5-3,0 fach |
Pat. mit mäßiger Leberinsuffizienz**) | keine | 0,5 µg/kg/min | aPTT 1,5-3,0 fach |
PCI bei Pat. | 350 µg/kg | 25 µg/kg/min | ACT 300-450 s |
Intermittierende Hämodialyse | 250 µg/kg | 2,0 µg/kg/min | ACT 1,5-2,0 fach |
Standarddosis Kinder und Jugendliche | keine | 0,75 µg/kg/min | aPTT 1,5-3,0 fach |
Kritisch kranke Kinder und Jugendliche | keine | 0,2 µg/kg/min | aPTT 1,5-3,0 fach |
Kritisch kranke Kinder mit Leberfunktionsstörung | keine | 0,2 µg/kg/min | aPTT 1,5-3,0 fach |
*) bezogen auf den Ausgangswert; **) Child-Pugh-Score 7 – 11 |
Therapiekontrolle (Monitoring)
- Aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT)
- Aktivierte Koagulationszeit (ACT)
Indikation
- Zur Antikoagulation bei erwachsenen Patienten mit Heparin-induzierter Thrombozytopenie Typ II (HIT II), die einer parenteralen antithrombotischen Therapie bedürfen.
Die Diagnose sollte durch den HIPAA („heparin induced platelet activation assay“, Test auf eine Heparin-induzierte Thrombozytenaktivierung) oder einen entsprechenden Test bestätigt werden. Eine solche Bestätigung darf jedoch den Behandlungsbeginn nicht verzögern.
Nebenwirkungen
- Blutungen: größere Blutungen 5,5 %; kleinere Blutungen 38,9 %.
Kontraindikationen
- Patienten mit unkontrollierbaren Blutungen.
- Überempfindlichkeit gegen Argatroban oder einen der sonstigen Bestandteile.
- Schwere Leberfunktionsstörungen.
Wechselwirkungen
- Die gleichzeitige Anwendung mit Thrombozytenaggregationshemmern, Thrombolytika oder anderen Antikoagulantien kann das Blutungsrisiko erhöhen.
Danaparoid, Danaparin, Lomoparan
Orgaran®, Amp. (0,6 ml à 750 IE ≡ 1250 IE/ml) Anti-Faktor Xa s.c. und i.v.
Wirkmechanismus
Heparinoid mit Hemmung des aktivierten Faktors X (Anti-Xa-Wirkung).
Indikationen
- Prophylaxe der tiefen Venenthrombose in Situationen, in denen Heparin nicht angewendet werden soll, einschließlich bei Patienten mit Heparin-induzierter Thrombozytopenie (HIT).
- Behandlung von thromboembolischen Erkrankungen bei Patienten, die eine dringende parenterale Antikoagulation benötigen und entweder eine HIT haben oder in der Anamnese aufweisen.
Dosierung
- Low dose (s.c.): KG < 90 kg 1 Amp. à 750 IE/12 h, KG > 90 kg 1 Amp. à 750 IE/8 h (einzige zugelassene Dosierung).
- High dose (s.c.): 2 × 1500 IE/d s.c. (< 50 kg) bis 3 × 1500 IE/d s.c. (> 90 kg)!
- High dose (i.v.): Kontinuierliche Gabe mit initialem Bolus von 1250 IE i.v. (< 50 kg) bzw. 2500 IE (55–90 kg) bzw. 3750 IE (> 90 kg), danach für 4 h 400 IE/h, danach für 4–8 h 300 IE/h, anschließend fortlaufend mit 200 IE/h (Perfusor mit 7500 IE [10 Amp. à 750 IE] auf 50 ml NaCl 0,9 % mit 2,7 ml/h bzw. 2 ml/h bzw. 1,3 ml/h).
- Hämodialyse (i.v.): Jeden 2. Tag, beginnend mit 2500 IE (< 55 kg) bzw. 3250 IE (> 55 kg) 1. und 2. Dialyse, dann Bolus von 2000–3000 IE.
- Monitoring ist i.d.R. nicht notwendig, Ausnahme Niereninsuff. Evtl. Messung der Anti-Xa-Aktivität: Zielwerte < 0,4 U/ml bei Low-dose-Ther. bzw. 0,5–0,8 U/ml bei High-dose-Ther.
- Dosisempfehlung bei HIT II in der Anamnese oder bei akuter HIT II: Die therapeutische Dosierung beträgt 2250 Anti-Xa-Einheiten (1500 Anti-Xa-Einheiten für Patienten unter 55 kg Körpergewicht, 3750 Anti-Xa-Einheiten für Patienten über 90 kg Körpergewicht) intravenös als Bolus, gefolgt von einer intravenösen Infusion von 400 Anti-Xa-Einheiten/h über 4 h, 300 Anti-Xa-Einheiten/h über weitere 4 h und anschließend einer Erhaltungsinfusion von 150–200 Anti-Xa-Einheiten/h über 5–7 Tage.
Nebenwirkungen
- Wie niedermolekulares Heparin
- Tox. Wirkungen wie Kollaps, Tachykardie, Krämpfe, Schweißausbruch, Kopfschmerzen.
Kontraindikationen
- Kreuzreaktion der HIT-II-AK auch gegen das Heparinoid in max. 12 %.
- In der Schwangerschaft nicht empfohlen.
- Positiver In-vitro-Test auf Heparin-induzierte Antikörper in Gegenwart von Orgaran bei Patienten mit Thrombozytopenie in der Anamnese, die durch Heparin oder Heparin-ähnliche Antikoagulantien induziert wurde. Gabe möglich, wenn Patient auch unter einer Thrombose leidet und keine alternative antithrombotische Behandlung verfügbar ist.
Cave
Kein Inhibitor bekannt. Inkompl. Antidot (mit fragl. Nutzen): Protamin. Bei Intoxikation evtl. Dialyse, möglichst schnelle Umstellung auf orale Antikoagulation.